Steroidglaukom:
Steroide (Kortison und seine chemischen Verwandten) sind seit mehr als einem halben Jahrhundert eine Medikamentenklasse, auf die viele Menschen dringend angewiesen sind. Mit Steroiden behandelt man entzündliche Krankheiten und Autoimmunprozesse, z.B. rheumatoide Arthritis, Asthma und auch Systemerkrankungen, die mehrere Organe befallen wie Lupus erythematodes und Sklerodermie.
Patienten, die unter derartigen chronischen Krankheiten leiden, müssen Kortison dauerhaft nehmen, oft als Tablette, manchmal auch als lokale Anwendung in Form einer Salbe oder von Augentropfen. Am Auge wendet man Kortison gegen schwere, nicht infektiöse Entzündungen an. Steroide sind sehr wirksame Substanzen, haben aber auch ein Bündel von Nebenwirkungen. Uns soll hiervon nur eine interessieren: Kortison kann den Augendruck erhöhen.
Jedem Patienten, der über längere Zeit Kortison nimmt, wird der behandelnde Arzt empfehlen, regelmäßig beim Augenarzt den Augeninnendruck messen und einen Glaukomschaden ausschließen zu lassen. Das heißt jedoch beileibe nicht, dass eine lang anhaltende Steroidtherapie unweigerlich zum Glaukom führt. Aber es gibt Menschen, die stark auf Kortison oder seine Abkömmlinge reagieren.
Diese nennen wir “High responder”, ein aus der internationalen Sprache der Wissenschaft, dem Englischen, entlehnter Begriff, der nichts anderes bedeutet, als dass die Betroffenen - oder vielmehr deren Auge - eine sehr kräftige “Antwort” auf die Steroidgabe bereit hat. Bei ihnen steigt der Augeninnendruck manchmal schon nach kurzzeitiger Kortisontherapie auf Werte von 30 mm Hg und mehr. Nur etwa 5 % der Bevölkerung gelten als hoch steroidempfindlich.
Ein am Steroidglaukom leidendes Auge sieht äußerlich normal aus und hat wie beim primären Offenwinkelglaukom einen offenen Kammerwinkel. Vom Offenwinkelglaukom ist das Steroidglaukom nur durch die Vorgeschichte mit der Kortisoneinnahme zu unterscheiden. Besteht die Augendruckerhöhung über längere Zeit, wird der Sehnerv unweigerlich geschädigt, d.h. es entwickeln sich eine Aushöhlung (Exkavation) der Papille und andere für das Glaukom typische Symptome. Menschen mit hoher Kortisonempfindlichkeit reagieren übrigens nicht nur auf die systemische Zufuhr des Medikamentes - also als Tablette, Injektion oder Infektion - sondern auch auf dessen lokale Gabe.
Die Anwendung kortisonhaltiger Augentropfen z.B. zur Behandlung einer allergischen Bindehautentzündung oder einer Iritis, einer Entzündung der Regenbogenhaut, kann gleichfalls zu einem massiven Druckanstieg führen.
Trotzdem kann man auf Steroide oftmals nicht verzichten. Da viele Menschen auf diese für sie lebenswichtigen Wirkstoffe angewiesen sind, kann der Augenarzt nicht ohne weiteres die Steroide absetzen. Die Umstellung auf alternative Substanzen wie z.B. nichtsteroidalen Entzündungshemmer muss überlegt werden.
Wo Kortison unersetzlich ist, werden bei Patienten, die auf Kortison extrem reagieren, alle Möglichkeiten angewendet, die zur Verfügung stehen, um den Augeninnendruck zu senken - von der Gabe modernen Antiglaukomatosa wie den lokalen Karboanhydrasehemmern (z.B. Trusopt°, Cosopt°) über die Argon-Laser-Trabekuloplastik bis hin zur Filtrationschirurgie. Sowohl die Laserbehandlung als auch der chirurgische Eingriff sind sehr wirkungsvolle Verfahren, um den Kammerwasserabfluss zu normalisieren.
Mit freundlicher Unterstützung unseres Fördermitglieds Dr. Dr. Ronald Gerste vom Initiativkreis für Glaukomfrüherkennung e. V.; www.glaukom.de
Mit freundlicher Unterstützung von: Bundesverband Glaukom-Selbsthilfe e. V., Märkische Str. 61, 44141 Dortmund, www.bundesverband-glaukom.de
Stand: 5/09
|